17. Bundesbegegnung 2013

Die 17. Bundesbegegnung „Schulen musizieren“ vom 6.-9. Juni 2013 in Koblenz - ein voller Erfolg für Thüringen

„Koblenz hat ein großes Herz für die Musik“ erwiderte Koblenz´ Oberbürgermeister, Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig, auf Anfrage des VDS im Jahre 2011, ob die nächste Bundesbegegnung „Schulen musizieren“ vielleicht in seiner Stadt durchgeführt werden könne. Somit waren die Weichen schon gestellt und die Vorbereitungen konnten beginnen. In welcher hervorragenden Form sie schließlich Gestalt angenommen hatten, konnten alle Teilnehmer der 17.Bundesbegegnung wieder einmal sehen und hören.

Bereits am Donnerstag empfing das musikliebende Koblenz seine Gäste mit dem Ländertag. Pünktlich zu Beginn des Festivals hatten Rhein und Mosel die Uferpromenaden gerade  wieder freigegeben, sodass man die Open-Air-Bühne im Biergarten am Deutschen Eck trockenen Fußes erreichen konnte. Dort eröffneten verschiedene rheinland-pfälzische Schulensembles das Musik-Wochenende und zogen bei herrlichstem Wetter mit ihren heiter-beschwingten Melodien zahlreiche Gäste an. Überhaupt schien Petrus all das wiedergutmachen zu wollen, was er uns mit diesem endlos langen, kalten und nassen Frühjahr angetan hatte, denn er bescherte uns drei wunderbar helle, warme Sommertage. Lediglich am Samstagabend und am Sonntag drängelten sich ein paar Regenwolken vor die Sonne, ohne damit aber den geringsten Einfluss auf die durchweg positive Stimmung nehmen zu können.

Für Thüringen war dieses Mal der Konzertchor vom Goethe-Gymnasium/Rutheneum Gera am Start. Der Chor der Musik-Spezialklassen unter der Leitung von Christian K. Frank gilt derzeit als einer der führenden gemischten Jugendchöre Deutschlands und hat sowohl bei nationalen als auch bei internationalen Wettbewerben bereits zahlreiche Preise gewonnen.

Doch beinahe drohte die Teilnahme buchstäblich ins Wasser zu fallen, denn auch die Stadt Gera war von der gewaltigen Frühjahrsflut stark betroffen. Wir mussten bis zuletzt bangen, ob der Chor seine Reise überhaupt antreten kann. So schrieb mir der Leiter der Spezialklassen für Musik, Rainer Müller, tags zuvor noch in einer Mail:

 

„...bei uns herrschte von Sonntag bis Dienstag Ausnahmezustand. Die halbe Stadt war überflutet. Viele Familien haben alles verloren. Schüler sind traumatisiert, die fluchtartig ihre Wohnungen verlassen mussten und die gewaltige Zerstörung am eigenen Leib erlebt haben. Unser Gymnasium war geschlossen, aber nicht überflutet. Von unserem Konzertchor ist die Hälfte der Sänger in den Wassermassen eingeschlossen oder in Notunterkünften untergebracht und deshalb nicht erreichbar. Wir versuchen heute eine Notprobe durchzuführen, um wenigstens mit den noch vorhandenen Sängerinnen und Sängern ein Programm für Koblenz aufstellen zu können. Christian Frank ist schon verzweifelt; die intensiven Vorbereitungen auf Koblenz sind durch das Hochwasser zunichte gemacht worden – solche Wassermassen in Gera waren noch nie da. Das Leben normalisiert sich langsam – die enormen Schäden an Häusern, Schulen, am Stadion etc. werden jetzt langsam sichtbar. Es wird noch lange dauern, bis alles wieder hergestellt ist...“

 

Glücklicherweise schafften es die Geraer dann aber doch irgendwie, rechtzeitig und sogar mit einem fast vollständigen Konzertchor anzureisen. Prima, denn sonst hätte bei diesem Treffen musizierender Schüler wirklich etwas gefehlt!
Schon bei seinem ersten großen Auftritt am Donnerstagabend in der altehrwürdigen Florinskirche, wo das 1.Begegnungskonzert stattfand, begeisterte der Chor die Zuhörer. Es erklangen unter anderem Kompositionen von Claude Debussy oder Benjamin Britten, von den Schülern hervorragend gesungen und von Christian K. Frank professionell geleitet. Besonders für das zeitgenössische Stück „Traumtänze“ von Hans Schanderl (*1960) bekam der Chor tosenden Applaus. Dementsprechend überschwänglich fielen auch die Kommentare der Musikkollegen aus den anderen Bundesländern aus. Aussagen wie: „Die sind ja toll!“, „Wie geht das, dass man mit Schülern so arbeiten kann? Die können als Profis auftreten!“ oder „Die Thüringer sind so gut, das ist beängstigend!“ spiegeln die große Anerkennung wider.
Am Samstag wurde den Thüringern die besondere Ehre zuteil, den Empfang des Oberbürgermeisters im historischen Rathaussaal musikalisch umrahmen zu dürfen. Auch dort konnten sie das sachverständige Publikum restlos von ihren ausgezeichneten Fähigkeiten überzeugen. Bezugnehmend auf den Titel „Traumtänze“ sprach OB Hofmann-Göttig sogar von einer „Werbeveranstaltung für neue Musik“.  
In der wunderschönen Liebfrauenkirche gab der Geraer Konzertchor später noch ein weiteres Konzert, gemeinsam mit seinem Gastgeber, dem Chor der Singschule Koblenz. Mit Liedern von Heinrich Schütz bis Bruce Geer (*1961) brachten beide Chöre dem voll besetzten Kirchenschiff eine Auswahl ihres hochkarätigen Repertoires zu Gehör. Zum Abschluss präsentierten alle Sänger und Sängerinnen gemeinsam den Psalm „Jauchzet dem Herrn, alle Welt“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, welcher übrigens selbst gern auf dem Weingut seines Onkels Joseph in Koblenz weilte.
Schließlich wurde die Konzertfahrt unseres Thüringer Chores am Sonntagvormittag mit der Ausgestaltung eines Gottesdienstes in der Herz-Jesu-Kirche erfolgreich beendet.

Aber auch die Ensembles anderer Bundesländer wussten das Publikum mitzureißen. Beim zweiten Begegnungskonzert auf der Open-Air-Bühne am Jesuitenplatz brachte die Big-Band der Sankt-Ansgar-Schule Hamburg die Zuhörer mit erstklassigen Jazzimprovisationen zum Staunen und bewies damit eindrücklich, weshalb sie schon mehrfach bei „Jugend jazzt“ erste Preise abgeräumt hat. Im dritten und vierten Begegnungskonzert in der Rhein-Mosel-Halle schließlich waren es gerade die außergewöhnlichen Beiträge, welche stets den meisten Beifall erhielten. Das Boomwhacker-Orchester aus dem Saarland beispielsweise spielte bekannte Filmmelodien, wobei die Siebtklässler zeitlich perfekt abgestimmt mit ihren Instrumenten agierten. Das Brandenburger Ensemble, eine Musik-AG aus Potsdam, trug ausschließlich Lieder vor, die von den Schülerinnen und Schülern selbst getextet und komponiert worden waren, und erntete dafür ebenfalls viel Lob.
Am Sonntag gab es außerdem mit der Uraufführung der Komposition „Trash Meets Classic“ noch einen weiteren Höhepunkt. Der 15-jährige Komponist Valentin Ruckebier, Gewinner des Wettbewerbs „Jugend komponiert“, hatte das launige Stück für Mülltonnen und Bläser eigens zu diesem Anlass fertig gestellt. Vorgetragen wurde es von den CoolTrashDrummers der Albert-Schweitzer-Realschule Koblenz gemeinsam mit Instrumentalisten der Rheinischen Philharmonie Koblenz.

Leider ging diese Begegnung nicht mit allen teilnehmenden Bundesländern so reibungslos über die Bühne. So gab es beispielsweise bei den Rappern einer Förderschule aus Hamburg massive Verhaltensprobleme, sodass ihr Aufenthalt in Koblenz beinahe vorzeitig abgebrochen werden musste; und das Ensemble aus Hessen reiste nach logistischen sowie internen Querelen gar nicht erst an. Zum Glück sprang ein Schulorchester aus Koblenz kurzfristig für die Hessen ein, damit wenigstens nicht alle Auftritte vollständig abgesagt werden mussten. 
Umso mehr können wir auf unser Thüringer Ensemble stolz sein und danken dem Konzertchor des Goethe-Gymnasiums/Rutheneum Gera für seinen großartigen Einsatz im Namen unseres schönen Freistaats!

OB Hofmann-Göttig hatte nicht zu viel versprochen, Koblenz präsentierte sich in diesen vier Tagen tatsächlich als perfekter Gastgeber für die Musik. Aus diesem Grund gibt es vielleicht im Jahr 2016 sogar ein Wiedersehen zum übernächsten Bundeskongress Musikunterricht.
Abschließend wurde die „Schulen musizieren“-Trophäe an eine Delegation aus Lüneburg überreicht, wo im Jahr 2015 die 18.Bundesbegegnung stattfinden wird. Auch dort werden wieder ausgewählte Schulensembles ganz wunderbar miteinander musizieren, denn wie sagte der VDS-Bundesvorsitzende Georg Kindt frei nach Nietzsche so schön: „Ohne die musizierenden Schülerinnen und Schüler wäre Schule ein Irrtum!“

Corina Schütze-Herrmann